Nara

Nara ist die Heimatstadt meiner lieben Frau, und versammelt 8! Weltkulturerbe: (etwas versteckte) japanische Gärten, die grösste bronzene Buddha-Statue, uralte Tempel und Schreine und Paläste. Sie liegt im Gebiet „Yamato“ – der hier lebende Stamm hat ab dem Jahr 500 Japan erobert – und war erste Kaiserstadt. Die Stadt ist so alt, so sehr Japan, hier hat jeder Stein und jedes Haus eine Geschichte. Das schafft ein gewisse Gemütlichkeit.

Ein Beispiel: Ich lese ein Buch über Musashi, dem vielleicht berühmtesten Samurai Japans. Irgendwann ist der auch in Nara, und kämpft dort auf einem Tempelhof gegen seinen Erzfeind. Ich frage meine liebe Frau, ob sie den Tempel kennt. Ja, klar, der ist (beziehungsweise war, jetzt ist er weg) gleich neben unserem Haus in Nara; die Bushaltestelle, die wir immer nutzen, hat noch dessen Namen: Aburasaka.

Letztes Wochenende waren wir im grossen Park in Nara, da befindet sich neben den meisten Sehenswürdigkeiten, auch ein kleiner See, auf dem man ein Boot mieten kann. Und hier sind die berühmten Nara-Rehe allgegenwärtig: sie sind zahm, verbeugen sich gar vor einem. Sie werden von den Touristen gut gefüttert; es war für die Kinder gar nicht einfach, eines zu finden, das noch Hunger hatte.

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Die Strassen von Ōsaka

Ōsaka ist der Wahnsinn. Ich kenne es noch gar nicht gut; die paar Bilder, die ich gemachte habe und die Zeilen, die ich hier schreibe, sind wenig mehr als erste Eindrücke.

So weit ich es bisher überblicke, sind es zwei Städte: im Norden („Kita“), um den Bahnhof Umeda, eine gewaltige Stadt, mit moderner Skyline. In diesem Jahr war ich da noch gar nicht, bisher nur im Süden („Minami“) um den Bahnhof Namba.

Hier steht seit kurzem das höchste Gebäude Japans und befindet sich die „teure Strasse“, breit, mit Tiffany und Apple-Store. Aber sonst ist der Süden viel roher & wilder: vielleicht 3, 4 Quadratkilometers davon sind vollgestopft mit Geschäften, Restaurants, Arkaden. Unterhöhlt von grossen Bahnhöfen und zwei fast einen Kilometer langen, unterirdischen Fussgängerzonen, auch die voller Geschäfte, Restaurants.

Es hat hier viele Touristen, fast alles Chinesen. Seit einiger Zeit können Ausländer sehr einfach in Japan steuerfrei einkaufen: man muss einzig einen ausländischen Pass beim Zahlen zeigen. Interessanterweise scheinen Drogerien bei den chinesischen Touristen sehr beliebt.

Dieser Teil der Stadt ist nicht schön, aber dicht, verwinkelt, ein Erlebnis. In jeder einzelnen Strasse, in jedem Gässchen, ja manchmal in einem einzelnen Gebäude, könnte man wohl Stunden zubringen, ohne alle Winkel ganz entdeckt zu haben. Im Keller eines Hauses befinden sich vielleicht zwei Restaurants, im Erdgeschoss eine Drogerie, darüber ein Reisebüro, in den nächsten Stockwerken lauter kleine Bars, jede einzelne kaum grösser als ein Wohnzimmer. Ganz oben ein Hotel, oder Ateliers, oder ein Zahnarzt, oder eine Schnellstrasse, oder gar alles zusammen. Und weit unter all dem eine U-Bahn-Station, auch die voller Leben.

Im Süden finden sich noch andere, kleinere Quartiere: das Koreanische Viertel etwa, oder Amerikamura („amerikanisches Dorf“) mit vielen jungen Leuten und Kleidergeschäften. Oder „Den Den Town“, die „Elektrostadt“.

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Barbecue

Wir waren heute zu einem Barbecue eingeladen. Neben Fleisch und Fisch und Bier gab es noch etwas spezielles: Nagashi Sōmen, Fliessende Nudeln. Dabei werden Nudeln in ein langes, grosses Bambusrohr gegeben, mit Wasser heruntergespült, und jede fischt sich mit Stäbchen seine Portion heraus.

Es hat geregnet, daher sassen wir in einer Garage, geschützt. Gestern waren wir an einem Oktoberfest, da bei schönstem Wetter. Dieses Fest (es hiess zu Beginn „German Fest“) wird seit 13 Jahren, sehr professionell und an neun Orten in Japan gefeiert. Bei der ersten Bestellung bekommt man ein schönes Bierglas, das behält man dann, und gibt es am Ende wieder zurück.

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Gefängnisbad

War heute wieder in der Schule und in einem (anderen) Schwimmbad; mitten in Osaka, gross, aussen, 50 Meter lang. Das Bad konnte man nur über eine Gang mit einer sechsstrahligen, automatischen Dusche betreten, das war wohl auch der Grund, warum nur wenige ein Badetuch dabei hatten: einige hatten es in einer Plastiktüte hereingeschmuggelt, meines war nass. Das Bad war von einem Steinboden und einer Mauer umgeben. Vielleicht 50 Besucher, keine Kinder, alles Männer. Denke, eine Frau hätte hier Schüttelfrost bekommen. Die meisten Männer sitzen oder liegen auf dem Steinboden. Als ich dann ins Wasser bin (dieses Mal mit weniger Schildern, bzw. mehr Erfahrung) und ein Bahn geschwommen bin, ruft der Bademeister „10 Minuten Streching, alle, bitte!“ und wir müssen das Wasser verlassen. Dann kommt der Bademeister/Gefängniswärter zu mir, und fragt, ob ich eine Schnur hätte? Schur? … bin immer wieder überrascht, was ich alles übersehe: Ich trage Brille, auch im Bad, die muss man doch mit einer Schnur sichern!

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Regenzeit

Die Regenzeit beginnt jetzt, und da – ich muss es gestehen – laufe ich nicht gerne, werde ein paar Tage hier in Nara bleiben, bis das schlimmste vorbei ist. Will aber nicht faul herumsitzen, und habe von all meinen unzähligen Schwächen zwei ausgesucht, an denen ich arbeiten will: Schwimmen und Japanisch sprechen, gehe also jeden Tag ins Schwimmbad und in die Sprachschule.

Habe gleich heute damit begonnen: war in Osaka (was für eine Stadt! ein andermal mehr dazu) im Unterricht, anschliessend Schwimmen – und dazwischen „urban Wandern“, bin also da gelaufen, wo normale Menschen die U-Bahn oder den Bus nehmen.

Das Schwimmen war gar nicht einfach: Eintritt, fehlende Badekappe, Umkleide etc. habe ich noch ganz gut gemeistert, aber dann waren die Schwimmbahnen mit Schildern beschriftet: Da gab es solche, die wohl nur zum „Wasserlaufen“ waren (das Becken war 25 Meter lang und nicht tief), andere vielleicht für Schwimmschule oder -club reserviert, und je eine mit „25 Meter“ und „50 Meter“ (und viel! mehr Text) beschriftet. Die nette Bademeisterin konnte ich nicht recht verstehen. Bin dann und wann auf der 25-Meter-Bahn geschwommen, als sie nicht zu voll war.

Zwischendurch

Heute hat mich meine liebe Frau begleitet. Begonnen hat die Etappe im Norden, es ging über den Berg Pompon (der heisst wirklich so) mit fast 700 Metern Höhe, dann weiter in die Stadt (die, wie überall, ganz plötzlich beginnt, sobald es flach wird). Und am Ende dem Fluss entlang. Wir hatten 8 Stunden, für etwa 25 Kilometer. Liebe Frau: Respekt!

Das heutige Etappenziel (letztes Bild), liegt genau zwischen Ōsaka und Kyōto, ist von beiden Städten rund 20 Kilometern entfernt. Allerdings ist das ganze Gebiet eine grosse Stadt, es leben hier 16 Millionen Menschen, auf einer Fläche etwa so gross wie der Kanton Bern.

Ōsaka war schon immer das Handelszentrum Japans, hier war der Reishandel zuhause, entstanden die ersten Banken. 京都, Kyōto war über 1000 Jahre der Wohnort des Kaisers und rund 500 Jahre davon auch Hauptstadt. Beide Zeichen 京 und 都 bedeuten übrigens dasselbe: Hauptstadt! da wollte jemand ganz sicher gehen…

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Zickzack

Gestern und heute musste ich bestimmt sechs Mal einen Umweg laufen: mal war die Strasse nicht einfach zu laufen, oder dann ganz gesperrt, oder da war früher bestimmt mal ein Strasse, jetzt aber ein Golfplatz. Das sieht dann etwa so aus:

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Trotz Umwegen war es heute ein kurzer, herrlicher Spaziergang, 17 Kilometer und einige Höhenmeter, bei schönstem Wetter!

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Trivia

Irgendwo, einsam, in einer grossen Waldlichtung, sehe ich heute eine Kirche. Denke erst, das sei eine der üblichen Heiratskirchen, die man hier und da sieht, schön, ohne kirchlichen Bezug. Google erklärt mir dann aber geduldig, dass sei das Ausbildungszentrum einer Christlichen-Israelischen Sekte, gegründet von einem Japaner. Nur rund 1% der Japaner sind Christen, allerdings hängen an vielen Häusern Bibelsprüche, ich sehe sie jeden Tag. Immer sind es ähnliche Schilder: weisse und gelbe Schrift auf schwarzem Grund, aufgehängt von einer unabhängigen Organisation.

Und: Habe heute zum ersten Mal Affen gesehen! Drei Stück, haben listig einen Gemüsegarten ausgeraubt. Affen leben fast überall in Japan, rund 160’000 sind es.

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Splitter

Eine Zugfahrt, der malerischen Küste entlang: Neben mir ein Mann, auf dem Schoss ein dickes Buch, mit allen Zugfahrplänen Japans; ganz vertieft, in Abfahrtzeiten und Routen, sieht kein einziges Mal aus dem Fenster.

Aufstieg auf einen Berg. Mutter und kleines Kind, langsam, Stufe um Stufe. Sie fragt dann und wann, freundlich „Geht es?“ Es antwortet jedes Mal, weinend „Es geht nicht!“

Putzfrau, in einem kleinen Hotel, ältere Frau; spricht perfekt englisch.

Kurzsichtige Kellnerin, erster Arbeitstag, versteht mich nicht, sieht auch nicht auf welches Menü ich zeige, bringt anschliessend alles mögliche. Mann am Nachbartisch, lotst alles zu sich: „Ich habe es gerne.“

Meine liebe Frau, am Bahnhof, angesprochenen von einem heiteren Mann, am Nachmittag. Nachher zu mir „Jetzt schon betrunken?“

Der Autor dieser Zeilen, sucht mit dem Handy lange eine Buchhandlung in der Nähe, flucht und schimpft; steht die ganze Zeit davor.