Es war schön

Heute war der letzte Wandertag, morgen geht es zurück, erst nach Nara, dann in die Schweiz. Ich bin 980 Kilometer gelaufen, an 41 Tagen, habe zudem an 8 pausiert (Schmerzen, Wetter, Hundebiss, Schlafen!). Die durchschnittliche Strecke war mit 24 Kilometer etwa gleich lange wie 2012, da waren es Total 1505 Kilometer, pro Wandertag 23.

Und, wie war es? Ich kennen jetzt Japan ein bisschen besser, und auch mich. Einige Etappen – vor allem am Anfang und bei Regen und am Ende in der Hitze – waren anstrengend. Am Ende war auch etwas Routine dabei, auch Ok.

Letztes Mal war es nicht ganz einfach zurückzukommen: die Zeit draussen, im Wetter, an der Sonne hat mir nach der letzten Wanderung sehr gefehlt. Auch die aufmerksamen, ruhigen Japaner vermisst bestimmt jeder, der sie kennengelernt hat, vielleicht schon in Kloten, am Gepäckband. Am häufigsten zurückdenken werde ich aber bestimmt an die vielen kleinen Dinge: Am Morgen, die ersten Meter laufen, die Blumentöpfe vor den Häusern, die Reisefelder, die Freude, wenn ein Getränkeautomat am Wegrand steht, und auch das Lieblingsgetränk hat. Nach der Wanderung ein heisses Bad. Dann dass gute Essen, die gesellige Stimmung in einem Isakaya.

Danke an meine liebe Frau und brave Familie; danke an die Leserschaft.

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Mittelland

Ich laufe bei schönem Wetter durch das japanische „Mittelland“. Auf breiten Strassen, mit Trot­toir. Jeden Tag zwischen 25 und 35 Kilometer. Ist angenehm, einfach, braucht wenig Navigation. Der Shinkansen geht hier durch, alles ist bebaut, ein Haus neben dem anderen.

Das Gebäude auf dem zweiten Bild, das aussieht wie die Trutzburg eines Superschurken, ist übrigens ein Hotel für Paare, es heisst „Belle Grave“. Auf Französisch bedeutet das bestimmt etwas schönes & tiefsinniges, mir fiel nur „Schönes Grab“ ein.

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Nachbarschaft

Gleich neben meinem Hotel heute befinden sich Solarparks, ein Stahlwerk, Fabriken diverser Autozulieferer – und ein Werk von Toyota: Hier werden Lexus hergestellt, jede Minute einer. Das ganze Areal hat eine Fläche von 2 Quadratkilometern, die Fabrikhallen bedecken etwa die Hälfte davon. 1 Quadratkilometer!

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Kurz

Das war heute ein kurzer Spaziergang (15 Kilometer) durch ein schönes Gebiet, berühmt für Perlen und Taucherinnen. Und anschliessend etwa eine Stunde mit der Fähre. Schöne Bilder konnte ich leider nicht machen, es hat geregnet.

Das dritte Bild zeigt die Aussicht aus dem Hotelfenster. Was auf den ersten Blick vielleicht politisch aussieht, ist nur ein Gruss an die werten Besucher; das Dorf hier heisst Irago.

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Drei Sterne

Ich bin heute in Ise. Es hat hier viele Touristen, fast nur Japaner. Überraschenderweise wird dieser Ort von vielen Reiseführern nur beiläufig erwähnt, ich habe dazu eine Theorie. Der Leser urteile selbst:

Ise schreibt sich 伊勢, und bedeutet „diese/seine Kraft“. Die Stadt heisst erst seit 60 Jahren auch so, früher war es der Name des ganzen Gebietes. Bereits seit über 1500 Jahren gibt es Wallfahrten hierher, es ist der heiligsten Ort des Shintoismus, von Japan. Ise hat über hundert Schreine, sie sind um zwei Hauptschreine und deren herrlichen Parks gruppiert: um den Inneren Schrein (内宮 Naikū, hier ist die Sonnengöttin zuhause, die Begründerin der japanischen Kaiserfamilie) und den sechs Kilometer davon entfernten Äusseren Schrein (外宮 Gekū, hier lebt die Reisgöttin). Beide Parks sind sehr ähnlich aufgebaut: Man betritt sie über eine Brücke, nach der rituellen Handwaschung gelangt man in einen weitläufigen Wald, mit gewaltigen, alten Bäumen, hier befinden sich auch die Schreine. Vor beiden Parks hat es Restaurants, berühmten für ihre Nudeln.

Neben einigen Schreinen, etwa den beiden grossen, steht ein leerer Platz: Der Schrein wird eben da alle 20 Jahre neu gebaut, dann wird der „alte“ entfernt. Dies bereits seit 1300 Jahren, nur unterbrochen durch den 130-jährigen Bürgerkrieg, aktuell steht der 62. Neubau. Das Holz für die neuen Schreine kommt aus ganz Japan und wird zeremoniell nach Ise gebracht.

Die beiden Hauptschreine von Ise sind irrwitzig heilig: ich denke, es sind der einzigen Orte in Japan, an denen man nicht fotografieren darf. In einem dieser Schreine wird vielleicht eine der kaiserlichen Insignien aufbewahrt, ein achteckiger Spiegel. Sicher ist man nicht, nur der Kaiser darf den Spiegel sehen…

In den beiden Parks ist es trotz der vielen Besucher ruhig; alle Japaner verbeugen sich beim Passieren der grossen Torii (die hier nicht rot sind); viele sind schwarz, oder sehr feierlich angezogen. Zwei Touristen habe ich heute gesehen, mit Flipflops und grossen, farbigen Strohhüten; sie haben etwas verunsichert und verloren ausgesehen…

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Fleisch

Für heute hat der Wetterbericht viel Regen angesagt. Ich war etwas in Sorge: 25 Kilometer laufen braucht dann doch Kraft und Geduld. Und tatsächlich hat es heute Morgen sehr stark geregnet. Aber bekanntlich kommt erstes alles anders, und zweitens als man denkt: Es gab im Hotel einen Stromausfall, ich konnte daher nicht auschecken, und als es dann gegen elf Uhr doch ging, war der Regen fast vorbei: es hat wohl den ganzen Tag geregnet, aber wenig.

Der Regenschutz, den ich dabei habe, ist ein Wunder: dicht, ganz weich, 350 Gramm leicht, man schwitzt darin kaum. Ich glaube er ist aus Feenhaaren gemacht. Preislich kann man ihn mit Silber aufwiegen.

Das stimmt auch für das berühmte Rindfleisch vom heutigen Etappenort Matsusaka. Es gilt zusammen mit dem aus Kobe und Yonezawa als das beste japanische Fleisch. Die drei zusammen nennt man denn auch 三大和牛, Sandai Wagyū: die drei grossen, japanischen Rinder. Übrigens, wenn der werte Leser nächstes Mal auf einer Speisekarte „Wagyū Beef“ liest, bitte gerne wissend & lächelnd anmerken, dass dies doppelt gemoppelt ist: gyū heisst bereits Beef.

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Heiss

Heute war der dritte Tag in Folge mit Temperaturen von bis zu 35 Grad. Ich habe mich wohl etwas daran gewöhnt, konnte zumindest mehr als 25 Kilometer in 6 Stunden laufen: Am Morgen entlang eines Stausees, im Schatten. Am Nachmittag über Berg und Tal, bei brütender Hitze.

Ein Vorteil hat die Hitze: der Rucksack ist leichter, Pulli und Jacke habe ich Zuhause gelassen. Ich trage jetzt vielleicht noch 8 Kilo.

Manche Japaner sind etwas reserviert, andere gar nicht: Gestern hat mich eine nette, ältere Frau gesehen und als Ausländer erkannt, dann herzlich begrüsst, mir gar die Hand geschüttelt – und ist weiter gegangen, mich verdutzt zurückgelassen.

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On the Road Again

Die Sonne ist heute kurz vor 5 Uhr aufgegangen, wir sind um 8 losgelaufen. Da war es 28 Grad warm, gegen Mittag waren es dann 34 Grad, im Schatten. Ich mag es heiss, sehr sogar, aber wir haben es dann nach 15 Kilometer für heute doch gut sein lassen.

War schön, wieder zu laufen!