Business-Hotel

Es hat heute gestürmt; Laufen wäre ohnehin nicht gegangen. Der Zug, den ich nehmen wollte, ist daher ausgefallen, am Bahnhof hat man mich zusammen mit zwei anderen Gestrandeten, kurzerhand in ein Taxi gesteckt und das auch bezahlt.

Am Zielort war der Sturm noch stärker, bin ins Hotel, habe mir dort einen Regenschirm ausgeliehen, wollte etwas in der Stadt herumkriechen: Der Schirm ist mit der ersten Böe kaputtgegangen, meine liebe Kappe weggeflogen, ich dachte ins Meer, stand gerade auf einer Brücke. Etwa eine halbe Stunde später (in der Zwischenzeit einen netten Deutschen getroffen), wieder über die Brücke; geschafft, und sehe dort, in einem Strassengraben: die Kappe! Zurück im Hotel, dann im Zimmer: Was fehlt? die Kappe. Sie wurde glücklicherweise kurz darauf im Hotel gefunden.

Apropos Hotel: Japanische Business-Hotels – also solche mit Bett und meist für Geschäftsreisende, in der Nähe eines Bahnhofes – sind mir sehr lieb. Sie sind günstig (das hier kostet mit Frühstück etwa 60 Franken), haben winzige Zimmer, da steckt alles drin. Bei diesem durften sich die Einrichter ausgetobt. Das übliche: Bett und Dusche, dann viele Geräte: WC (beheizt etc.), Fön, Fernseher, Wasserkocher, Klimaanlage, Uhr, Kühlschrank.

Und weiter:

  • Ein Luftbefeuchter
  • Ein Gerät, in das man die Hausschuhe steckt, die dann irgendwie behandelt werden
  • Fernbedienung für Licht und Klimaanlage, und nochmal 3 leere Halter auf der anderen Seite des Bettes, wenn einem die Lage der Fernsteuerungen nicht behagt?
  • Ein „Amusement“-Set: so Metalldingelchen die man auseinandernehmen kann – man stelle sich mal vor, wie lange die in einem europäischen Hotel dort hängen würden…
  • Eine Dartscheibe!

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Nochmals versucht

Ich will die geneigte Leserschaft nur noch ein letztes Mal mit meinem medizinischen Status belästigen. Haben es heute nochmals versucht; um die Schmerzen etwas zu lindern bin ich sozusagen auf Zehenspitzen gelaufen, war keine gute Idee, jetzt tut wirklich alles weh. So sei es denn: Team Realität vertreten durch Haut, Fleisch und Knorpel gewinnt nach kurzem und fairem Kampf klar. Die Spieler Wille, Trotz und Stolz vom Team Plan geben sich geschlagen. Morgen nehme ich ein Taxi zum Bahnhof, und von dort den Zug zum nächsten gebuchten Hotel.

Aus obigen Gründen habe ich mich sehr auf ein heisses Bad gefreut. Aber oh weh, das Bad gab es und es war heiss. Doch bevor man da rein darf, muss man sich an einem Waschplatz blitzblank sauber schrubben. So ist es Sitte, so macht es Sinn. Nun hat es aber da kein heisses Wasser gehabt; kam einfach nichts raus, nur eisiges Bergwasser, so wie ich das sehe noch dazu gekühlt. Kalt war es! und so eine kurze Katzendusche ging nicht, das ganze Ritual musste es sein… Das schöne Hotelzimmer hat die Nummer 313, was kann man da schon erwarten? PS: In Japan ist 4 die Unglückszahl, da sie gleich ausgesprochen wird wie Tod. Die netten Japaner haben der armen Zahl dafür gleich noch eine zweite Aussprache gegeben.

Habe noch die Höhle hier besucht, ist die grösste in Japan. Schön!

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Füsse!

Gestern war es extrem, nach 25 Kilometer Schmerzen bei jedem Schritt, im Hotel dann der Schock als ich meine Füsse sah… keine Details. Heute dann nochmal 20 Kilometer. Warum tue ich mir das an?!

Alles andere ist gut: Wetter, Strecke, Hotels, Leute, heisse Bäder, Essen. Gestern gab es Fugu, Kugelfisch. Mit diesen Füssen macht es halt weniger Spass, man hat nicht mal Lust anzuhalten, um ein Foto zu machen, weil das Weiterlaufen dann schmerzt. Heute bin ich rund 5 Stunden gelaufen und nicht einmal hingesessen.

Letztes Mal war es ähnlich; am Anfang viel zu laufen ist keine gute Idee. Später dann sind 30, 40, gar 50 Kilometer täglich machbar, dann entscheidet nur noch der Kopf und Wille, nicht der Körper. Dieses Mal geht das nicht, es hat schlicht zu wenig Unterkünfte hier. Klar: Eine bessere Vorbereitung wäre auch hilfreich gewesen;)

Bin jetzt im Hotel, habe wieder Internet, weiss nicht so recht wie weiter, freue mich über Kleinigkeiten.

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Anstrengend

Ich ahnte, dass bei dieser Wanderung der Beginn nicht einfach sein wird. Habe es heute auch erlebt. Die Strecke war wieder nur 20 Kilometer, aber dazwischen ein spitziger, giftiger Berg; wobei nur 600 Meter hoch, vielleicht ist Hügel das bessere Wort, aber das tönt zu sanft für diesen Teufel. Dann noch das letzten Drittel auf einer stark befahrenen Hauptstrasse ohne Trottoir (was in Japan selten ist). Ist leider anstrengender als es tönt, man muss ständig den Verkehr im Auge behalten und immer wieder von der Strasse runter.

Aber, dann am Ziel, ein altes Ryokan, ein gemütliches Zimmer, ein gutes Essen, gleich ein heisses Bad – und alles ist vergessen. Naja, bis auf die Blasen (2 Stück, gross), die bleiben noch etwas.

Nachtrag: Im Bad habe ich einen sehr tätowierten Mann getroffen, sehr nett, haben ein bisschen geplaudert. Dass er im Bad ist, hat mich überrascht, Tattoos sind in vielen Bädern nicht erlaubt, auch nicht kleine, auch nicht bei Ausländern. In Japan werden sie mit den Yakuza assoziiert. Es gibt aber Pflaster, zum drüberkleben.

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Erster Tag

Die ersten 20 Kilometer bin ich gelaufen. Die Ausrüstung hat sich bewährt, der Körper gibt sich Mühe – habe noch keine Blasen.

Etwa auf halber Strecke schreit mich auf einmal meine Hose an: „Jishin! Jishin!“ Bin sehr erschrocken, obwohl, in Japan spricht ja alles zu einem: Das Bad (vor dem automatischen Wassereinlassen, damit man den Stöpsel nicht vergisst, und wenn alles parat ist), die Klimaanlage, die Reiskochmaschine, eben alles. Aber die Hose nicht, es war natürlich das Handy; obwohl ich es lautlos gestellt habe, zudem zeigte es eine Meldung auf dem Bildschirm, die ich nicht verstanden habe. Aber „Jishin“ schon, das heisst Erdbeben. Wusste nicht so recht was machen, von der nahen Stadt hörte man auch eine Durchsage über Lautsprecher. Passiert ist dann aber nichts, bzw. nur ein schwaches Nachbeben, wie es jede Stunde eines gibt. Beim Laufen merke ich sie kaum, im Hotel schon, genau jetzt beim Schreiben dieses Satzes bebt es etwa.

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Glückliche Anreise

Gestern war in der Nähe des Startortes ein starkes Erdbeben. Da ich die Reise einen Tag verschieben musste – es war Besuchstag in der japanischen Schule unserer Kinder – war ich nicht betroffen. Heute ging es los, mit dem Shinkansen bin ich angereist:

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Nachtrag: Was für eine Nacht, 20 Nachbeben; wenn die mich, recht weit weg vom Epizentrum, schon so schütteln, wie erleben es erst die Menschen dort?!

Vorworte

Vor vier Jahren durfte ich, von Norden nach Süden, durch Japan wandern. Dieses Jahr will ich es wieder versuchen, von Süden nach Norden, auf der gegenüberliegenden Küstenroute. Die Strecke ist länger, das Wetter regnerischer, mein Respekt grösser; vielleicht ist Angst das passendere Wort.

Die Ausrüstung 2012 war gut; zwar ist nichts, das ich dabei habe, das selbe oder gleiche wie letztes Mal, aber alles ähnlich. Der Rucksack ist dieses Mal nicht braun, sondern sehr orange: Safety first! keine gefährlichen Strassen, Tunnel. Wenn es eng wird nehme ich den Zug. Und, ich habe zwei Kilogramm weniger dabei, gehe leichter.

Soll man eine solches Erlebnis wiederholen? Weil es doch schön war? Oder in Ehren halten? Hat man die Leiden schneller vergessen als die Freuden? Verliert man eine Erinnerung? Oder vertieft eine Erfahrung? Keine Ahnung!

Ich will es versuchen, mit offenem Herzen, mit Geduld und Muse. Wenn ich es diese Mal nicht bis ganz in den Norden schaffe, unterwegs, in der Regenzeit mit Schmerzen in einem Bergdorf festsitze, dann ist es gut, dann gibt es ein nächstes Mal, ein drittes Mal. In dieser Freiheit liegt die Kraft, hoffe ich.

Vorweg: Danke an meine liebe Familie, sie lebt derzeit in Japan, in unserem winzigen Häuschen dort. Es ist ein Wunder, dass sie mir schon zum zweiten Mal ein solches Geschenk macht.